Der Darm - Schaltzentrale unseres Körpers

Darm mit Darmbakterien

Lange Zeit wurde die Funktion unseres Darms unterschätzt und man sah ihn lediglich als Verdauungsschlauch an. Dabei erfüllt der Darm mit seiner Mikrobiota wichtige Aufgaben. Im Prinzip ist alles mit dem Darm verbunden. Ist die Darmflora nicht in Ordnung hat das Auswirkungen auf unser Immunsystem, die Leber, unseren Magen, den Blutkreislauf und sogar auf unser Bindegewebe und Nervensystem. Eine ungünstige Darmbesiedelung kann zu Stoffwechselstörungen, erhöhtem Cholesterinspiegel, Fettleber und Pre-Diabetes führen. Der Darm besitzt ein eigenes Nervensystem, das enterische Nervensystem. Ebenso wie der Sympathikus und Parasympathikus gehört es zum vegetativen Nervensystem. Es reguliert und steuert wichtige Funktionen im gesamten Verdauungstrakt. Es besitzt in etwa gleich viele Neuronen wie unser Rückenmark und steht über die Darm-Hirn-Achse in ständiger Verbindung mit unserem Gehirn.

Mann durchsichtig Wirbelsäule und Darm sichtbar

 

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Darm-Hirn-Achse

Unter anderem über den Vagus Nerv ist unser Gehirn mit dem Darm verbunden. Er ist dafür verantwortlich wie wir mit Stresssituationen umgehen, aber er spielt auch eine Rolle bei der Steuerung unseres Sättigungsgefühls und der Regulierung des  Blutzuckerspiegels. Liegen hier Störungen vor kann das zu Übergewicht, Reizdarm, Depressionen, Demenz, Burn-Out und Migräne führen.

Der Darm und unser Immunsystem

Unser Darm erfüllt zudem wichtige Aufgaben für unser Immunsystem. 70% aller Abwehrzellen befinden sich im Darm. Die Schleimhaut unseres Dünndarms besteht aus Zellen, die Krankheitserreger abwehren können. M-Zellen nehmen Viren, Bakterien und andere Krankheitserreger auf und transportieren sie zu Abwehrzellen, die diese dann eliminieren. Im Dickdarm befinden sich Kolonien von Lymphozyten, die bei Bedarf in alle Bereiche des Körpers entsendet werden können um dort Krankheitserreger zu erkennen und zu bekämpfen, indem sie Antikörper produzieren. Gibt es hier Funktionsstörungen können Atemwegsinfekte, Magen-Darm-Infekte, Blasenentzündungen und Allergien die Folge sein. Die Bakterien in unserem Darm kommunizieren miteinander, aber auch mit den Darmzellen. Sie senden Signale an das Schleimhaut-Immunsystem und setzen Stoffwechselprodukte frei. Bakterielle Stoffwechselprodukte können krankheitsverursachende Bakterien abwehren und verändern den ph-Wert in unserem Darm.

Der PH-Wert nimmt in den unteren Darmabschnitten immer weiter ab.

Das ist wichtig um säurebildenden Bakterien optimale Bedingungen zu bieten. Basenbildende Darmbakterien können durch erhöhten Proteinabbau toxische Substanzen bilden. Diese Stoffe sorgen nicht nur für Blähungen, sondern sie wirken proentzündlich, schädigen die Darmzellen, fördern einen durchlässigen Darm, erhöhen oxidativen Stress, können Niere und Leber schädigen, die Immunantwort schwächen und sind verknüpft mit der Entstehung von Autismus, Schizophrenie, Morbus Parkinson und Schlafstörungen.

Die Darmschleimhaut beeinflusst alle anderen Schleimhäute unseres Körpers

Ist die Schleimhaut unseres Darms geschädigt hat das Einfluss auf alle anderen Schleimhäute unseres Körpers. Das kann auch Auswirkungen auf unsere Haut haben was sich zum Beispiel durch Neurodermitis oder Urtikaria bemerkbar machen kann. Die Auswirkungen des Darms und seiner Mikrobiota sind also enorm! 

Die Vielfalt unserer Darmbakterien ist in Gefahr

Leider ist durch unsere Lebensweise, Stress, Antibiotika, Umweltgifte und schlechte Nahrungsmittel die Vielfalt unserer Darmbakterien in Gefahr. Der Reichtum unseres Mikrobioms hat abgenommen, vor allem in den Industrienationen. Naturvölker haben eine größere Bakterienvielfalt in ihrem Darm und auch die Menge an Bakterien an sich ist höher. Vergleicht man Naturvölker mit Steinzeitmenschen hatten diese eine noch vielfältigere Bakterienbesiedelung. Dennoch leben mehr Bakterien in einem Gramm unseres Stuhls als wir Sterne am Himmel haben! Alle Bakterien unseres Darms zusammen wiegen in etwa 2-3 kg. Obwohl der Darm und seine Mikrobiota so enorm wichtig sind kennen wir erst einen Bruchteil der im Darm lebenden Keime. Nur 0,001% der Bakterien können im Labor kultiviert werden. Die restlichen 99,999% nicht.

 

Wie wir geboren wurden ob durch eine natürliche Geburt oder Kaiserschnitt, ob wir gestillt wurden, welche Medikamente wir einnehmen, was wir essen, wie unser Stresspegel ist, ob wir uns bewegen oder viel sitzen, alles hat eine Auswirkung auf unsere Darmbakterien. Wir können dadurch Einfluss nehmen ob wir eine günstige oder eher ungünstige Darmbesiedelung haben. Diese beeinflusst wiederum unsere Gesundheit aber auch unser Gewicht und wie wir uns fühlen. Unser Gewicht wird zu 80% von unserem Verhalten beeinflusst und nur jeweils zu 10% von unseren Genen und unseren Bakterien. Durch eine darmfreundliche Ernährung können wir unsere Darmflora positiv verändern. Wenn wir wieder damit aufhören uns gesund zu ernähren und wieder vermehrt zu darmungünstigen Lebensmitteln, Fertigprodukten, Zucker- und Salzhaltigen Nahrungsmitteln greifen, verändert sich die Darmflora wieder und ungünstige Bakterien gewinnen die Überhand. Unsere Mikrobiota ist in ständiger Veränderung und nur eine dauerhaft gesunde Lebensweise unterstützt eine gute Darmbesiedelung, die unseren Körper gesund hält.

Pflanzliches Eiweiß und kurzkettige Fettsäuren sind gut für den Darm

Viel pflanzliches Eiweiß lässt beispielsweise die Anzahl an guten Bifidobakterien steigen. Diese regulieren den ph-Wert im Dickdarm und sorgen so dafür, dass sich schlechte Darmbakterien nicht ansiedeln können. Sie stärken unser Immunsystem und wehren Krankheitserreger ab. Sie sind an der Produktion von Folsäure beteiligt und fördern die Herstellung von Antikörpern und Immunzellen. Daneben steigt durch pflanzliches Eiweiß der Anteil an kurzkettigen Fettsäuren in unserem Darm. Diese sind die bevorzugte Nahrungsquelle der wertvollen Darmbakterien unserer Darmflora. Die Wirksamkeit unserer Darmbarriere steigt und Entzündungen nehmen ab.

 

Ein Zuviel an tierischem Eiweiß hingegen hat die genau gegenteilige Wirkung. Die Zahl an Bifidobakterien sinkt, kurzkettige Fettsäuren nehmen ab, die Darmbarriere verliert an Funktionalität und Entzündungen im Körper nehmen zu. Mit dafür verantwortlich sind auch die Fettsäuren.

 

Eine Ernährung die reich ist an ungesättigten Fettsäuren lässt weniger entzündungsfördernde Stoffe über die Darmbarriere in den Körper eindringen, was stille Entzündungen aber auch die Neigung zu Demenz sinken lässt. Eine Ernährung mit hoch gesättigten Fettsäuren lässt hingegen viel entzündungsfördernde Substanzen durch die Darmbarriere in den Körper eindringen was stille Entzündungen erhöht und Diabetes Typ 2 und Demenz zur Folge hat. Zudem wird die Mikrobiota nachteilig verändert.

 

Ungesättigte Fettsäuren finden sich in Nüssen, Samen und Ölen, aber auch in fettreichem Fisch. Er enthält die wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Gesättigte Fettsäuren sind in Butter, Schmalz, Kokosöl, Milch, Milchprodukten, Käse, Wurst, Fleisch, Eier, Süßigkeiten und Knabberzeug enthalten.

 

Zu Milchprodukten und Fleisch möchte ich noch hinzufügen, dass die Art der Tierhaltung eine große Rolle spielt. Stammt das Tier aus Weidehaltung finden sich im Fleisch und der Milch mehr günstige Omega-3-Fettsäuren, als bei Tieren aus Massentierhaltung, die hauptsächlich mit Getreide gefüttert werden. Es ist also nicht nur wichtig nicht zu viel tierisches Eiweiß pro Woche zu essen, sondern auch das richtige tierische Eiweiß!

 

Gute pflanzliche Eiweißquellen sind Dinkel, Hafer, Amaranth, Quinoa, Buchweizen, Leinsamen, Nüsse und Hülsenfrüchte. Aber auch Gemüse wie grüne Bohnen, Brokkoli, Grünkohl, Pilze und Tomatenpüree enthalten nennenswerte Eiweißmengen. Wir können also durch unser Verhalten und unsere Ernährung die Darmflora positiv wie negativ beeinflussen. Es werden sich immer die Bakterien in unserem Darm vermehren, welchen wir Nahrung liefern.

Leaky Gut - der durchlässige Darm

Ist unsere Mikrobiota ungünstig verschoben fördert das ein Leaky Gut, also einen durchlässigen Darm. Proteine und Toxine bleiben durch die Darmwand normalerweise im inneren unseres Darms. Durch Stress, eine falsche Darmbesiedelung, einige Medikamente, eine falsche Ernährung oder schlechte Vorverdauung kann der Darm durchlässig werden. Die Proteine und Toxine gelangen durch den Darm in das Körperinnere und verursachen dort eine sogenannte stille Entzündung. Die Folge sind zahlreiche Erkrankungen wie beispielsweise das Metabolische Syndrom, Adipositas, Typ-2-Diabetes, Arterienverkalkung, Autoimmunerkrankungen, Chronische Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, die Nicht-alkoholische Fettleber, immer wiederkehrende Infekte, depressive Verstimmungen und Schlafstörungen, aber neuen Studien zufolge vermutlich auch Long Covid und Tumorerkrankungen. Hauptursache einer stillen Entzündung sind bakterielle Lipopolysaccharide. LPS-Bakterien zählen zu den proentzündlichen Fäulnisbakterien. Sie tragen auf ihrer Membran die Lipopolysaccharide, die zu den Toxinen zählen. Diese Bakterien sterben täglich in unserem Darm ab und werden bei einem gesunden Darm einfach mit dem Stuhl ausgeschieden. Ist nun aber die Darmschleimhaut undicht oder die Tight Junctions geöffnet, das sind Zellkontakte zwischen den Darmzellen die quasi wie einen Gürtel bilden, können diese Giftstoffe ständig in den Blutkreislauf eindringen und so die Entzündungsfaktoren im Körper erhöhen.

Nahrungsmittel die den Darm stärken

Eine Protektive Mikrobiota aus Bifidobakterien und Laktobazillen verbessern die angegriffene Schleimbarriere und stabilisieren die Tight Junctions. Zudem regulieren sie die Vagus-Nerv-Aktivität. Lebensmittel die unsere Darmflora grundsätzlich stärken sind Sauermilchprodukte wie Kefir, Ayran, Lassi, Dickmilch und Joghurt, wobei hier stichfester Joghurt noch wertvoller ist als mild gerührter Joghurt. Außerdem milchsauer vergorenes Gemüse wie Sauerkraut, Gurken, Bohnen oder Möhren. Das gilt nicht für Dosensauerkraut oder Gemüse das in Essig eingelegt ist. Es muss milchsauer vergoren auf der Verpackung stehen! Weiterhin eine ballaststoffreiche Kost mit viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Nüssen und Hülsenfrüchten zu der ausreichend Wasser getrunken werden sollte.

 

Es gibt Bakterien die sehr wichtig für unseren Darm und seine Funktion sind. Diesen sollten wir Nahrung anbieten, damit sie sich dauerhaft in unserem Darm ansiedeln. Das sind zum Beispiel Akkermansia und Fäcalibakterium. Akkermansia hält die Darmschleimhaut in Takt und die Tight Junctions dicht. Es schützt uns vor Diabetes-Typ-2 und erhöht die Gene die für die Fettverbrennung zuständig sind. Daneben produziert Akkermansia Nahrung für Fäcalibakterium. Dessen Funktion ist die Bildung von Buttersäure welche die Hauptenergiequelle unserer Darmzellen ist. Daneben steuert Buttersäure die Immunabwehr unseres Darms und ist an verschiedenen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Wenn wir möchten, dass beide Bakterien sich dauerhaft in unserem Darm ansiedeln und wir von deren Vorteilen für unsere Gesundheit profitieren, müssen wir ihnen auch dauerhaft Nahrung zur Verfügung stellen. Das erreichen wir indem wir regelmäßig resistente Stärke, Oligofructose und Polyphenole zu uns nehmen.

 

Oligofructose ist zum Beispiel in Zwiebeln, Artischocken, Spargel, Hafer und Bananen enthalten. Resistente Stärke findet sich ebenfalls in Hafer und Bananen die nicht ganz so reif sind. Je reifer die Banane, desto mehr resistente Stärke wird in Fruchtzucker umgewandelt. Auch Hülsenfrüchte enthalten resistente Stärke. Außerdem Lebensmittel wie gekochter Reis, Nudeln und Kartoffeln, die für mindestens 12 Stunden im Kühlschrank abkühlen konnten. Dadurch wird ein Teil der Stärke in den Ballaststoff resistente Stärke umgewandelt. Selbst wenn man diese dann wieder erwärmt bleibt die resistente Stärke erhalten. Polyphenole sind sekundäre Pflanzenstoffe und geben zum Beispiel Obst und Gemüse seine Farbe. Sie sind in Nelken, getrockneter Pfefferminze, Zartbitterschokolade (mit mindestens 70% Kakaoanteil), Kaffee, grünem Tee, Sternanis und allen roten, violetten oder schwarzen Gemüse und Hülsenfrüchten aber auch schwarzem Reis enthalten. 

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